Berichte von der Veranstaltung am 23.4. und 16.8.2010

Von Kutschers, Peer, Zigarrn- und Piepenmokers

Gröpelinger Vereine präsentieren Bremensien in Bild und Ton

 

(veröffentlicht in den Stadtteilbeilagen West, Südost und Nordost des Weser-Kuriers und der Bremer Nachrichten am 19.04.2010, im Weser-Report am 21.04.2010, im Bremer Anzeiger am 21.04.10, im Burg-Lesumer Vereinsblatt (BLV) am 11.08.2010, in der Norddeutschen am 18.08.2010 und in Radio-Bremen-TV "buten un binnen" am 23.04.2010. Siehe auch die Vegesacker Websites http://www.vip-bremen-nord.de/Aktuell/film-bremensie.html und http://www.vulkanesentreffen.de/3-Veranstaltungen/film-bremensien.html)

1930. Beerdigungszug. Gröpelinger Heerstraße. Am rechten Bildrand geht es nach links in die Lindenhofstraße.

„De Welt geiht nochmol kapott, wenn de Peer all wech sünd!“ hat einmal Klein-Heini, ein Gröpelinger Original und Laufbursche bei der Getreideanlage, gesagt. Diese Behauptung ist nicht so ganz von der Hand zu weisen, wenn man an die klimaverändernden Schadstoffe der Millionen Kraftfahrzeuge denkt, die das Pferd als Transportmittel abgelöst haben. Nur wenige Gröpelinger erinnern sich noch daran, dass Pferdefuhrwerke einst die Straßen ihres Stadtteils beherrschten. Daran will die Geschichtswerkstatt zusammen mit anderen Gröpelinger Vereinen am Freitag, dem 23.04.2010 um 20 Uhr im Gemeindesaal an der Danziger Straße erinnern.

Bäcker Ernst Bäune. Lupinenstraße 71 in Gröpelingen.

Die Veranstaltung beginnt mit einem Bildervortrag der Geschichtswerkstatt über alte Gröpelinger Kutscher, die mit ihren Fuhrwerken die Bevölkerung mit Heizmaterial, Gemüse und anderen Lebensnotwendigkeiten versorgten, aber auch mit Dienstleistungen an Hochzeiten, Beerdigungen und Schützenfesten aufwarteten. Gleich danach wird ein Film aus dem Fundus der Bremer Filmamateure e.V. vorgeführt, der die Brauereipferde von Haake-Beck bei ihren letzten Einsätzen in den 90er-Jahren zeigt. Dieses 15-minütige Video des heute 92-jährigen Filmemachers Heinz Beuermann in plattdeutscher Sprache heißt dann auch sinnigerweise: „Von Kutschers, Peer, Beer und noch mehr.“

Im nächsten Beitrag geht es um eine ebenfalls ausgestorbene Zunft, die Bremer Zigarrenmacher. Wer weiß heute schon, dass die Zigarrendreher ähnlich stark gewerkschaftlich organisiert waren wie die Hafen- und Werftarbeiter und Einfluss auf die Politik nehmen konnten? So stammte z. B. der ehemalige Bremer Bürgermeister Deichmann aus der Zunft der Zigarrenmacher. Heinz Beuermanns Kurzfilm beschreibt die Arbeit des letzten Zigarrendrehers im Schnoorviertel und heißt deswegen auch „Der Letzte seiner Zunft“.

Auch im vierten Beitrag geht es um eine Bremensie. Die an die bremischen Häfen gekoppelte tabakverarbeitende Industrie benötigte neben den Zigarrenmachern auch Pfeifenhersteller, die ihre Arbeit wie die Zigarrendreher in Heimarbeit verrichteten. Heinz Beuermanns dritter Film (diesmal nur in Hochdeutsch) zeigt, welche Kunstfertigkeit, welche genauen Materialkenntnisse und welcher hohe Zeitaufwand für die Herstellung einer Qualitätspfeife nötig ist.

 

Falls die Besucher Gefallen an diesen kleinen filmischen Kostbarkeiten finden sollten, planen die Veranstalter sozusagen als Zugabe den Film „E.T.A. Bremen“ des Gröpelingers Volkhard Kämena vorzuführen, der von der Arbeit der Bremer See- und Flusslotsen handelt. Alle Filme dieses Abends haben erste und zweite Plätze bei bundesweiten Amateurwettbewerben errungen. Die Autoren sollen selbst zu Wort kommen. Zwischen den einzelnen Beiträgen spielt Otto Schwarzien vom Plattdütschen Vereen Gröpeln auf dem Akkordeon.

 

Dank des Entgegenkommens der Evangelischen Gemeinde Gröpelingen und Oslebshausen, die als Mitveranstalter den Gemeindesaal zur Verfügung stellt, ist der Eintritt frei.

Die Veranstaltung wurde am 16.08.2010 um 20 Uhr in der Stadtkirche Vegesack im Rahmen des Vulkanesentreffens wiederholt.

 

Ein weiterer Bericht zum Verlauf der Veranstaltung "Haake-Beck-Pferde" ist hier zu lesen (Pressemitteilung vom 29.04.2010):

 

Großes Interesse

an den Brauereipferden


Ehemaliger Stallmeister berichtet im überfüllten Gemeindesaal über alte Zeiten


„2002 war der Anfang vom Ende! Mein letzter Auftrag war der Verkauf von sechs Pferden, so dass nur noch fünf übrig blieben.“ Jürgen Horchler, der 1986 seinen Dienst in der Haake-Beck-Brauerei zunächst als Kutscher, dann als Stallmeister antrat und Ende 2002 in Rente geschickt wurde, war zu Gast in der Veranstaltung „Von Kutschers un Peer“ im Gemeindesaal der Evangelischen Kirche Gröpelingen und Oslebshausen in der Danziger Straße.

 

Über 200 Besucher waren der Einladung der Geschichtswerkstatt und anderer Gröpelinger Vereine gefolgt und nahmen regen Anteil an den Bild- und Filmvorführungen, die sich im
ersten Abschnitt mit Kutschern und Pferden beschäftigten.

 

Jürgen Horchler stellte sich im bis zum Bersten gefüllten Saal geduldig unzähligen Fragen der Zuhörerschaft. „Die Brauerei hatte doch immer wieder versichert, dass ihre Pferdegespanne ein wichtiger Reklameträger und Aushängeschild für Bremen seien. Warum hat man diese Form der Bierauslieferung danneingestellt?“ wollte ein Gröpelinger wissen. Im Verlauf der weiteren Dialoge

wurde dann klar, dass das Jahr 2002 eine wesentliche Wende in der Firmenpolitik darstellte.

 

Der „global player“ INBEV, der zu diesem Zeitpunkt die Brauerei aufkaufte, hatte zwar Interesse an der Biermarke aber kein Interesse an bremischer Tradition.

 

Schon drei Jahre später wurden auch die restlichen Pferde an einen Reiterverein und die Kutschen an verschiedene Museen verkauft. Die gerade frisch renovierten Stallungen wurden zu Büroräumen umgebaut.
 

Noch in den 90er-Jahren hatten die alten Besitzer eine Umfrage in Auftrag gegeben, ob die Bierauslieferung per Pferdegespann noch zeitgemäß sei. Eine überwältigende Mehrheit der Bremer gab an, dass dieser Biertransport einfach zum Image ihrer Stadt gehöre.

 

In früheren Jahren kamen die Bierkutschen bis Brinkum und in den 70ern wurden sie noch in Gröpelingen gesichtet. Mit der Zunahme des motorisierten Straßenverkehrs konnte man allerdings nur noch Pferde mit bestimmten Eigenschaften einsetzen und musste auch den Auslieferungsbereich einengen, der zum Schluss aber immerhin noch bis Hemelingen und Walle
reichte.

Wenn alte Pferde ausgemustert wurden, war Jürgen Horchler sogar im Ausland auf der Suche nach neuen Pferden.

 

Es mussten stets schwarze Oldenburger mit mindestens 1,80 m Stockmaß sein, die man nach einem vierwöchigen Training in der Bremer Innenstadt einsetzen konnte.

 

Es war vertragsmäßig geregelt, dass Pferde, die bissen oder ausschlugen, vom Verkäufer zurückgenommen werden mussten.


Für die Bierauslieferung wurden stets Zweispänner eingesetzt. Größere Gespanne kamen nur zu Marketingzwecken beim Freimarktsumzug und bei Schützenfesten zum Einsatz.


Bei den anderen Themen des Abends ging es unter anderem um Zigarrendreher und Pfeifenschnitzer. Auch hier gab es lebhafte Diskussionsbeiträge, die auf das hohe
Interesse des Publikums hindeuteten. Beim Thema Zigarren stellte sich die Tochter des Betreibers der letzten Zigarrenmacherei in Gröpelingen-Oslebshausen
vor. Es handelte sich hierbei um die Zigarrenmanufaktur Steinkamp am Krähenberg, die 1965 aufgeben musste. Die Geschichtswerkstatt versprach, sich um dieses Thema noch besonders zu kümmern.

Pressemitteilung. 29. Apr 2010. Großes Interesse an den Brauereipferden
Haake-Beck-Pferde.pdf
PDF-Dokument [261.3 KB]

Update:

20220123-0924