Der "rote" Rundgang: Ein Spaziergang durch Jahrhunderte

(Als Artikel veröffentlicht am 16.12.2015 im Weser-Report, Ausgabe West, und am 17.12.2015 im Stadtteilkurier-West des Weser-Kuriers und der Bremer Nachrichten)

Historische Pfade durch Gröpelingen

Am 15.12.2015 war es soweit: Sozusagen als Weihnachtsgeschenk für die Gröpelinger konnte die Geschichtswerkstatt einer Reihe von geladenen Gästen den 1. historischen Rundgang durch den Stadtteil präsentieren. Mit von der Partie waren neben der Ortsamtleiterin Ulrike Pala, dem bremischen Alt-Bürgermeister Jens Böhrnsen, einigen Beiratsmitgliedern und einem Vertreter der Bürgerstiftung Bremen, auch eine Reihe von Haus- und Grundstücksbesitzern, deren Immobilien mit den Hinweistafeln versehen wurden.

 

Der Spaziergang startete an der Hafenrandstraße mit den Stationen 1a und 1b, führte hinüber auf das ehemalige AG-Weser-Gelände (Station 2), von dort zur Getreideanlage als Station 3, weiter zum Fähranleger (Station 4) und danach zurück in das Lindenhofviertel mit den Stationen 5 bis 8. An jeder Station gab es seitens des Vorsitzenden der Geschichtswerkstatt zusätzliche Informationen, die über den reinen Tafeltext hinausgingen und historische und geologische Besonderheiten betrafen.

 

Station 1a Alte Gröpelinger Kirche So sieht sie aus, die 1. Hinweistafel am Startpunkt des historischen Rundgangs durch das Lindenhofviertel

Station 1a  Alte Gröpelinger Kirche
Die 1959 abgerissene älteste Kiche Gröpelingens wurde 1331 auf dem höchsten Punkt eines Dünenrückens am Rande der Weser errichtet. Sie war für Schiffe eine weithin sichtbare Landmarke, bis der Fluss im Zuge der Weserbegradigung (1880-1890) und dem Bau neuer Hafenanlagen weiter nach Westen verlegt wurde.
(Detaillierte Infotafel an der Stapelfeldtstr. 7,  Autohaus Müssemann)

Station 1b  Alte Gröpelinger Schule
Die erste Gröpelinger Schule gegenüber der Kirche verwandelte sich seit 1551 vom eingeschossigen Haus des Küsters in ein Schulgebäude mit 3 Geschossen und 2 Trakten. Es musste 1982 einer ursprünglich geplanten Erweiterung  der AG-Weser und letztendlich dem Bau der Hafenrandstr. weichen.
(Detaillierte Infotafel an der Stapelfeldtstr. 5, Bürozentrum Klampermeier)

Station 2   AG ”Weser”
1843 wurde auf der ehemaligen Stephani-Kirchweide die Stahlbaufirma Waltjen & Leonhard gegründet. Dieser Betrieb spezialisierte sich auf den Bau von Stahlschiffen und wurde 1871 in die Aktiengesellschaft „Weser“ umgewandelt. Die AG „Weser“ zog aus Platzmangel 1902-1905 auf die neu entstandene Fläche zwischen der Gröpelinger Kirche und der Weser um. Im  Verlauf  ihrer  140-jährigen  Geschichte  entwickelte sich die Werft zum größten Arbeitgeber Bremens mit zeitweise bis zu 20 Tausend Beschäftigten. Die Großwerft wurde 1983 vom Krupp-Konzern aus Kapitalinteresse geschlossen.

(2 detaillierte Infotafeln in der Hermann-Prüser-Str. am ehemaligen Verwaltungsgebäude der AG-Weser)

Station 3   Getreideanlage
1914-1919, mitten im 1. Weltkrieg, baute die Firma Hartmann aus Offenbach im Auftrag des Bremer Senats die „Getreideanlage am großen Wendebecken“ zum Preis von 5,2 Millionen Reichsmark, die 1932 mit einem 2. Speicher auf 75 000 t Fassungsvermögen erweitert wurde. Zusätzliche Erweiterungsbauten für über 150 Mio DM gab es in den Jahren 1951, 1974 und 1984. Die Anlage hat heute ein Fassungsvermögen für 150 000 Tonnen Getreide und wird von der Firma Wandel betrieben. Die Anlage gilt noch heute als das größte mit Backsteinen verkleidete Gebäude Europas.
(Detaillierte Infotafel an der Gustav-Böhrnsen-Str. am Ende des Getreidespeichers)

Station 4   Badeparadies Lankenau
Seit dem Mittelalter war das Dorf Gröpelingen mit dem Dorf Lankenau am gegenüberliegenden Weserufer kulturell eng verbunden. Grund dafür war, dass die Lankenauer bis 1750 keine eigene Kirche besaßen und sie zu Gottesdiensten mit Booten nach Gröpelingen übersetzten.
Um 1900 wurde Lankenau von den Gröpelingern neu entdeckt. Grund dafür war der feinkörnige Sandstrand, der auch Bürger aus anderen Stadtteilen Bremens zum Badevergnügen einlud.
1957 sorgte das Hafenamt mit dem Einsatz des Fährschiffs Gröpeln für einen regelmäßigen Besuch von Lankenau. 1964 kam mit dem Bau eines riesigen Containerhafens das Ende für das Badeparadies und das Dorf Lankenau. (Detaillierte Infotafel am Fähranleger beim PIER 2)

 

Station 5   Landgut Lindenhof
Mitten in Gröpelingen befand sich Ende des 19. Jahrhunderts ein großer Landschaftspark von 7 ha Größe. Er lag zwischen den heutigen Straßenzügen Lindenhofstr. und Goosestr. und dem Pastorenweg und der Ortstr. bzw. der Gohgräfenstr. Es war das Landgut der reichen Bremer Kaufmannsfamilien Frerichs (1832-1888), Tölken (1889-1890) und Meyer (1890-1905). Erst der letzte Besitzer, der Baumwoll-Kaufmann Eduard Meyer gab dem Landgut den Namen „Lindenhof“. Seine Witwe verkaufte das Anwesen an sog. Bauspeculanten, die ganze Straßenzüge mit Wohnraum für die immer größer werdende Zahl von Hafen- und Werftabeitern schufen. (Detaillierte Infotafel am Haus Lindenhofstr. 46, Ecke Ortstr.)

Station 6a   Bauernhof Mattfeldt
Das schönste und größte Gröpelinger Bauernhaus stand an der Stelle der heutigen Stadtbibliothek-West. Es fiel 1995 einer unaufgeklärten Brandstiftung zum Opfer. Der Hof wurde 1798 von der Familie Lahrs erworben und ging 1825 durch Heirat an die Familie Mattfeldt über. Die letzte Besitzerin Helene Mattfeldt starb 1954 und vermachte den Hof per Testament an ihre Nichte Alma Geils-Lindemann, deren Sohn noch heute  Besitzer der Grundstücksfläche ist.
(Detaillierte Infotafel am ehemaligen Stallgebäude des Hauses Lindenhofstr. 45, linke Seite)

Station 6b   Bauernhof Juchter
An dieser Station steht das älteste seit 1866 erhaltene Bauernhaus des Lindenhofviertels. Der Hof von 1648 wurde in direkter Linie über acht Gröpelinger Generationen bis an den Kaufmann Johann Albert Juchter weiter vererbt. Dieser starb 1983 kinderlos. Vielen Gröpelingern ist noch in Erinnerung, dass sich in den 1950er- und 1960er-Jahren auf dem Hof die Holzhandlung Helmke befand.
(Detaillierte Infotafel am ehemaligen Stallgebäude des Hauses Lindenhofstr. 45, rechte Seite)

 

Station 7   Bauernhof Gäbel

An der beschilderten Stelle unterhält die Familie Gäbel seit 1708 über acht Generationen hinweg einen Bauernhof. Er ist der letzte heute noch betriebene landwirtschaftliche Betrieb des Lindenhofviertels.
(Detaillierte Infotafel am Zaun des Bauernhofs in der Lindenhofstr. 10)

Station 8   Sielers Ballhaus  (ohne Nummerierung der Hinweistafeln)
Direkt gegenüber vom Hof Gäbel sieht man als Bestandteil des Lindenhof-Centers die Fassade des ehemaligen Ballhauses der Familie Sieler, das in der Kaiserzeit noch „Burg Hohenzollern“ hieß. Dieses Gebäude symbolisiert wie kein anderes die jüngere Geschichte Gröpelingens in seiner Entwicklung vom Dorf zum Arbeiterstadtteil.
(2 detaillierte Infotafeln aus Acryl am Eingang des Einkauf-Centers in der Lindenhofstr. 13)

 

Zu diesem Rundgang ist ein Faltblatt (neudeutsch: Flyer) mit dem Streckenverlauf erhältlich, das nach telefonischer Vereinbarung aus unseren Räumen abgeholt oder direkt hier herunter geladen werden kann.

Flyer für Roten Rundgang.pdf
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