Antikriegsbild am Bunker Halmerweg mit neuem Gesicht

Geschichtswerkstatt Gröpelingen organisierte Restaurierungsarbeiten

 

(veröffentlicht im Weser-Report und im Bremer Anzeiger am 26.05.10, 05.12.10 und 20.02.11, in den Stadtteilkurieren West, Huchting und "Links der Weser" der Bremer Nachrichten und des Weser-Kuriers vom 17.06.10, 28.06.10, 06.12.10, 21.02.11 und 24.02.11 und im Bremer Westen am 09.12.2010 und 24.02.2011)

Bunker Halmerweg, vorher - nachher Bunker Halmerweg, vorher - nachher

„Liebe Herta! Nie wieder Krieg, haben wir ge...“, steht auf dem ersten Blatt eines überdimensionalen Briefblocks im Wandgemälde des Künstlers Hermann Stuzmann am Bunker Halmerweg. Die letzten Buchstaben sind am rußgeschwärzten Rand kaum noch zu erkennen, wie um auf die Vergänglichkeit dieses Gelöbnisses hinzuweisen. Das weit über Bremens Grenzen hinaus bekannte Gemälde aus dem Jahr 1977 wies sichtbare Spuren des Verfalls auf, hatte aber seine Aktualität gerade im Zeichen des gegenwärtigen Afghanistankrieges nicht verloren. Seit Mitte Mai 2010 hatten die Restaurierungsarbeiten begonnen.
Die Renovierung ging zurück auf einen Beschluss des Stadttteilbeirates Gröpelingen, der auf Antrag der Gröpelingerin Marion Bonk dem Verfall ein Ende setzen wollte. Er bat die Geschichtswerkstatt Gröpelingen e. V., bei der Stiftung Wohnliche Stadt einen Antrag auf Impulsmittel für den Erhalt des Gemäldes zu beantragen. Die Ende 2009 bewilligten Mittel in Höhe von 22000 Euro und 3000 Euro aus den Globalmitteln des Stadtteilbeirates wurden Anfang April 2010 auf das Konto der Geschichtswerkstatt überwiesen, die nun vor der ungewohnten Aufgabe stand, als Bauherr und Organisator zu fungieren. Während die Gröpelinger Hobbyhistoriker in der Vergangenheit nur die Ortspolitik auf ähnliche Missstände wie beim Wandgemälde am Bunker Pastorenweg durch zahlreiche Aktionen aufmerksam zu machen brauchten, sahen sie sich nun in der unerwarteten Rolle des Auftraggebers gegenüber den Baufirmen und Hermann Stuzmann als ausführendem Künstler. Hintergrund war die Leere in den öffentlichen Kassen. Im Jahr 2007 konnte die Renovierung des Gemäldes am Bunker Pastorenweg noch aus Mitteln des Kulturhaushaltes finanziert werden, nun war die Erschließung anderer Geldquellen wie die der Stiftung Wohnliche Stadt erforderlich geworden, die sich weitgehend aus staatlichen Lotterieeinnahmen finanziert. Impulsmittel aus dieser Stiftung können nur unabhängige, nichtstaatliche, bremische Organisationen für identitätsstiftende Projekte in sozialen Brennpunkten erhalten.
Die Geschichtswerkstatt wurde bei ihrer eher untypischen Tätigkeit allerdings tatkräftig vom Ortsamt, von der Kulturbehörde und vom befreundeten Arbeiterverein „Use Akschen“ unterstützt, der eine jahrelange Erfahrung in baulichen Dingen mitbringt. Inzwischen sind die Dachrinnen repariert, die Betonfassade saniert, das Efeu entfernt und das Werk erstrahlt in neuem Glanz.

Gröpelingen ist nun außerdem um eine weitere Attraktion reicher. Der international bekannte und auch in Übersee tätige Graffiti-Künstler Markus Genesius (Künstlername: WOW123, http://www.markus-genesius.com) gestaltete am Vorbau des Bunkers Halmerweg ein modernes Gegenstück zum Wandbild von Hermann Stuzmann, nachdem er sich mit diesem Künstler abgesprochen hatte. Genesius benutzt anstelle des Briefblocks von Stuzmann als modernes Kommunikationsmittel einen riesigen Flachbildschirm, um die Botschaft "No more war" (Nie wieder Krieg) zu transportieren. Auf dem oberen Teil des Bildschirms sieht man den E-Mail-Verkehr zwischen "Wow123" und seinem neuseeländischen Kollegen "Askew", der zum Thema Krieg eine Antwort in englischer Sprache liefert, die übersetzt etwa folgendermaßen lautet: "Gierige Menschen benutzen unsere kulturellen Unterschiede zur Rechtfertigung von Kriegen, wobei sie Reichtümer für sich selbst erringen. Dabei macht uns das Teilen und Genießen unserer kulturellen Vielfalt viel reicher als der Besitz materieller Güter."
Im unteren Teil des Bildschirms sind in Graffiti-Manier gebrochene, schiefgestellte und umgekippte Buchstaben in blauer Farbe dargestellt, in denen der geduldige Betrachter den Schriftzug "Nie wieder" erkennen kann (s. auch Videointerpretation).

Während der Arbeiten am Graffiti wurde zweimal durch Anwohner die Polizei alarmiert, die aber schnell darüber aufgeklärt werden konnte, dass es sich hierbei nicht "um wilde Wandschmierereien", sondern um eine Auftragsarbeit des Stadtteilbeirates und der Geschichtswerkstatt handelte. Dennoch hat dem 36 Jahre alten Markus Genesius nach eigener Aussage das Projekt u. a. wegen seiner besonderen Verbindung zu Gröpelingen "sehr viel Spaß" gemacht. "Wow123" hat im Bereich Halmerweg/ Bromberger Str. häufig als Kind und Jugendlicher gespielt, wenn er bei seiner Großmutter zu Besuch war. Sein Großvater war ein amerikanischer Besatzungssoldat, der in der Nachkriegszeit in Gröpelingen stationiert war. Die Anwohner empfinden heute das fertige Werk als "sehr schön" und halfen dem Künstler sogar hin und wieder mit einer Leiter aus. Markus Genesius schuf neben Graffitis auch fotorealistische Wandgemälde wie am Waller Paradice. (s. auch http://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-bremen.de/werke.php)