Breitenbachhof und Lokomotivführer-Übernachtungsheim

Geschichtswerkstatt auf den Spuren der Gröpelinger Bahnarbeiter

Pressemitteilung vom 01.06.2008

(veröffentlicht im Bremer Anzeiger am 04.06.08 und im Bremer Westen am 05.06.08)

Lokführer-Übernachtungsheim 1913 - vom Bahndamm aus gesehen. Rechts die Fläche bis zu den kleinen Höfen in der Klitzenburg ist noch Acker- und Weideland. Lokführer-Übernachtungsheim 1913 - vom Bahndamm aus gesehen. Rechts die Fläche bis zu den kleinen Höfen in der Klitzenburg ist noch Acker- und Weideland.

„Lokomotivführerübernachtungsheim“, welch ein Wortungetüm aber gleichzeitig Musik in den Ohren älterer Gröpelinger! Das markante Gebäude am Bahndamm Ende des Schwarzen Weges weckt so manche Erinnerung an ein Duschbad oder an ein preiswertes Mittagsmahl.

 

Das Haus wurde 1913 von der damaligen Königlichen Hannoverschen Eisenbahn im Vorgriff auf zukünftige Planungen errichtet. Noch bis 1915 verkehrte zwischen Bremen und Bremerhaven-Geestemünde auf dem Gelände des heutigen Grünzuges West die sog. Geestebahn. Um eine ausreichende Anbindung der expandierenden bremischen Häfen an das Eisenbahnnetz zu ermöglichen, plante man seit 1910 die Verlegung der Bahntrasse weiter nordöstlich an die heutige Stelle und dazu einen auch für heutige Verhältnisse riesigen Rangierbahnhof, der 1915 fertiggestellt wurde. Die dazu benötigte Fläche im Blockland war fast viermal so groß wie das Gelände der Großwerft AG-Weser auf der anderen Seite Gröpelingens.

Doch nicht nur für die Lokomotivführer musste Vorsorge getroffen werden: Die Bahn plante, Arbeiter und Beamte, vor allem Zugpersonal, Weichensteller und Bremser von außerhalb nach Bremen-Gröpelingen zu versetzen. Hier herrschte jedoch ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen für Geringverdiener. Hinzu kam, dass der Bremer Senat gegenüber Mietskasernen eine ablehnende Haltung hatte, da er Mieteraufstände des Industrieproletariats wie in Wien und Berlin vermeiden wollte. Während sich AG-Weser-Arbeiter oft Häuser im Stile des Bremer Hauses kauften und mit mehreren Familien teilten, kam dies für die Eisenbahner nicht in Frage, da sie wegen häufiger Versetzungen örtlich flexibel sein mussten.

 

So beauftragte der 1883 von Bahnbediensteten gegründete Eisenbahner-Spar-und Bauverein (heute Espabau) den Bremer Architekten Rudolph Jacobs mit dem Entwurf einer Mietwohnanlage, die vom üblichen Mietskasernenstil in anderen Großstädten abweichen sollte, um so die Billigung durch den bremischen Senat zu erreichen.

 

1919: Breitenbachhof - Bezahlbarer Wohnraum für Eisenbahner

Jacobs, der u. a. auch das Parkhaus im Bürgerpark entworfen hatte, legte einen Entwurf vor, der mit allen bisherigen Architekturstilen brach. Der im Carree angeordnete dreigeschossige Baublock umschloss einen Innenhof von 144 mal 68 Metern, von dem man die Wohnungseingänge erreichen konnte. Mit Hilfe von Torbogen, besonderen Giebelkonstruktionen, Loggien und anderen Gestaltungselementen schuf Jacobs eine Wohnanlage, die heute noch einzigartig ist. Während der erste Entwurf von 1913 noch vom Senat abgelehnt wurde, konnte 1915 der zweite Entwurf dank der Unterstützung des preußischen Ministers für das Eisenbahnwesen Paul von Breitenbach durchgesetzt werden. Hinzu kam wohl auch, dass die Einrichtungen der Eisenbahn als kriegswichtig galten. So wurde mitten im ersten Weltkrieg zwischen der Barenburg und der Klitzenburg die Wohnanlage „Breitenbachhof“ gebaut und 1919 fertiggestellt.

 

Während der Breitenbachhof heute unter Denkmalschutz steht und von seinen Bewohnern sehr geschätzt wird, droht dem Lokomotivführer-Übernachtungsheim wohl der Abriss. Dies ist insofern schade, da sich an das Gebäude eine Reihe wichtiger Erinnerungen knüpfen. So war es zu einer Zeit, als Badezimmer in Arbeitwohnungen noch nicht üblich waren, mit Dusch- und Badeeinrichtungen für die Heizer und Lokomotivführer ausgestattet.

 

Diese Einrichtungen konnten für ein kleines Entgelt auch von den Gröpelingern genutzt werden, denen der Weg zum Ohlenhofbad zu weit war. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg konnte so mancher Junggeselle in der Kantine dieses Hauses ein preiswertes Mittagsmahl zu sich nehmen.

2008: "Begehung nicht möglich"

Wie von der zuständigen Sachbearbeiterin der Deutschen Bahn AG zu erfahren war, sei das Gebäude bereits so baufällig, dass eine von der Geschichtswerkstatt Gröpelingen gewünschte Begehung nicht möglich sei.

 

Die Geschichtswerkstatt sucht zur Zeit nach Ideen, wie man das Gebäude einer anderen Nutzung zuführen könnte, um ein weiteres wichtiges Zeugnis Gröpelinger Geschichte zu erhalten.

Das abgebildete Photo entstand am 2.2.2012 - fast 100 Jahre nach der Einweihung des ehemaligen Übernachtungsheim für Lokomotivführer. Es verfällt zu dem Zeitpunkt schon langsam. Zudem gab es in den Jahren bis 2022 immer wieder Brände im Gebäude. Photo: Erwin Weidle

Wasserturm Rangierbahnhof Rbf Bremen Gröpelingen Wasserturm auf dem Rangierbahnhof Gröpelingen. Januar 2016.

Diese Photos aus dem Archiv der Geschichtswerkstatt zeigen
den Breitenbachhof 1943 (nach einem Bombentreffer in der Nachbarschaft) und

Bahnarbeiter auf dem Rangierbahnhof Bremen Gröpelingen um 1950.
 

Zur Geschichte des Rangierbahnhofs Rbf Bremen Gröpelingen ist ein sehr lesenswertes Buch erschienen:

 

"Der Rangierbahnhof Bremen-Gröpelingen" - Spuren einer über 100jährigen Geschichte

 

Ein Buch von Peter Köster und Heiko Bargmann.

 

 

Mit dem Ausbau der Häfen in Bremen ist 1915 auch der Rangierbahnhof in Betrieb gegangen.

 

Er hatte maßgeblichen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Insbesondere mit dem Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg kam ihm große Bedeutung zu.

 

Im Zuge späterer Rationalisierungsmaßnahmen verlor er seine Funktion als Rangierbahnhof.

Heute erlebt er im Bereich privater Eisenbahn-verkehrsunternahmen eine ungeahnte Renaissance.

         
 

Passend zum 100-jährigen Jubiläum des Rangierbahnhofs in Gröpelingen ist 2015 im Bremer KellnerVerlag ein Buch mit vielen bisher unveröffentlichten Fotos und Skizzen zur bewegten Geschichte des Rangierbahnhofs zwischen Wasser- und Landverkehr erschienen.

Zusätzlich mit einer Chronik wird so die Einzigartigkeit dieser geschichtsträchtigen und verkehrsrelevanten Stätte bestens belegt.


Die Autoren Peter Köster und Heiko Bargmann sind bei ihren Recherchen auf viele fast vergessene Fakten und Geschichten rund um die Entwicklung und Arbeit des Rangierbahnhofs gestoßen.

 

In detailgetreuen Schilderungen der Technik und der Arbeitsabläufe wird der Rangierbahnhof wieder zum Leben erweckt.


»Endlose Schlangen von Güterwagen bewegten sich über ein ausgedehntes Gewirr von Gleisen und Weichen.

Dampfende Kraftpakete schleuderten mächtig Qualm- und Rußwolken
in den Nachthimmel. Doch das war nicht immer so gewesen.«

 

Die Geschichte des Bahnhofs ist eng verbunden mit der wirtschaftlichen Entwicklung Bremens vor und nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende des 20. Jahrhunderts.

Deshalb ist das Buch nicht nur etwas für Bahnliebhaber, sondern auch für Interessierte der Bremer
Stadtgeschichte.


Ein Stück Bremer Bahngeschichte festgehalten auf 232 Seiten und in zahlreichen Originalaufnahmen. Von seiner Historie und Bedeurung bis hin zu den fleißigen Beschäftigten und der ausgereiften Technik ist dieses Buch für Eisenbahnfreunde und Geschichtsbegeisterte ein umfassendes Werk mit neuen Blickwinkeln.

 

Peter Köster / Heiko Bargmann
Der Rangierbahnhof Bremen-Gröpelingen
- Spuren einer über 100-jährigen Geschichte


232 Seiten im Hardcover, Format 21 x 28 cm, ISBN 978-3-939928-96-6, 24,90 €

 

Das Buch ist hier erhältlich ...

 
         

Archiv :

Rangierbahnhof Rbf Bremen Gröpelingen Photo-Quelle: Peter Köster

Montag, 1. April, 19 Uhr.

Nachbarschaftshaus Helene Kaisen, Beim Ohlenhof 10,

 

Unser Themenabend zum

Rangierbahnhof Gröpelingen
Auf den Spuren der Bremer Eisenbahngeschichte

 

Die Autoren des Buches "100 Jahre Rangierbahnhof Gröpelingen Peter Köster und Heiko Bargmann sind zu Gast. Sie kennen viele Fakten und Geschichten rund um die Entwicklung und Arbeit des
Rangierbahnhofs. In ihren Schilderungen der Technik und der Arbeitsabläufe wird der Rangierbahnhof an diesem Abend wieder zum Leben erweckt.

"Endlose Schlangen von Güterwagen bewegten sich über ein ausgedehntes Gewirr von Gleisen und Weichen. Dampfende Kraftpakete schleuderten mächtig Qualm- und Rußwolken in den Nachthimmel. Doch das war nicht immer so gewesen."

Viele werden sich sicher

erinnern ...

Mehr zur Geschichte von Gröpelingen findest du im Artikel-Archiv                                                    

Film-Archiv                                                                              

Hier findest du Videos über und mit der Geschichtswerkstatt Gröpelingen.