Der Gröpelinger Grenzstein von 1743
Wieder einmal ist die Selbständigkeit Bremens in Gefahr! Der neue Film der Geschichtswerkstatt beschreibt nicht etwa die aktuelle politische Lage, sondern die Situation vor 270 Jahren.
Vorbemerkung: Günter Reichert, der im März 2017 verstorbene frühere Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Gröpelingen, hat im Jahr 2010 einen Kurzfilm über die Historie und Bedeutung des Gröpelinger Grenzsteins produziert.
Wieder einmal ist die Selbständigkeit Bremens in Gefahr! Der neue Film der Geschichtswerkstatt beschreibt nicht etwa die aktuelle politische Lage, sondern die Situation vor 270 Jahren.
Im sogenannten Zweiten Stader Vergleich von 1741 muss Bremen wie so oft in seiner über 1000-jährigen Geschichte um seine Selbständigkeit kämpfen. Der Wunsch nach einer audiovisuellen Darstellung dieser historischen Begebenheit war im Zuge der Aufstellung einer Grenzsteinnachbildung im letzten Jahr entstanden.
Angeregt durch die Initiativen der beiden Gröpelinger Pensionäre Helmut Kasten und Harry Schwarzwälder hatte der Stadtteilbeirat Gröpelingen am 30.11.2009 einen von der Bildhauerwerkstatt "Mauern öffnen e.V." nachgebildeten Grenzstein aus dem Jahr 1743 am Schwarzen Weg aufstellen lassen.
Das 10-minütige Video beschreibt zu Beginn den Konflikt zwischen der Freien Reichsstadt Bremen und seinem mächtigen Nachbarn, dem Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg, der als Georg II gleichzeitig König von England war. Die Interessen des Kurfürstentums, auch Kurhannover genannt, wurden auch auf europäischer Ebene vom ersten Minister und Geheimrat Georgs des Zweiten, dem Freiherrn Gerlach Adolf Freiherr von Münchhausen, einem Vetter des berühmten Lügenbarons, vertreten.
Die Freie Reichsstadt hatte sich in den Jahrzehnten politischer Wirren nach dem 30jährigen Krieg eine größere Menge von Landbesitz außerhalb ihrer Stadtmauern angeeignet, was den erzürnten Nachbarn veranlasste, im Gegenzug die Selbständigkeit Bremens in Frage zu stellen.
Der Film schildert mit trickanimierten Landkarten die aus den Verhandlungen resultierenden Gebietsverluste der Bremer und den Verlauf der neuen Grenzen. Bremen verlor u. a. Blumenthal und das gesamte Werderland mit den Ortschaften Mittelsbüren, Burg, Grambke und Oslebshausen. Auch Vegesack ging gebietsmäßig verloren.
Die Bremer konnten sich aber die Kontrolle über den Hafen sichern. Im Blockland musste auf die Dörfer Wasserhorst, Niederblockland und Wummensiede verzichtet werden. Die neue Grenze zwischen Oslebshausen und Gröpelingen verlief entlang des heutigen Schwarzen Weges, parallel zur Heidbergstr. und dem Kammerberg, schloss die Harffsche Mühle auf dem heutigen Diako-Gelände ein und führte dann weiter zur Weser. Sie wurde ab 1743 mit 2,20 m hohen Grenzsteinen aus Oberkirchener Sandstein markiert.
Die Grenzsteine waren nummeriert und trugen auf der einen Seite den Bremer Schlüssel und auf der anderen die gekreuzten Schlüssel des ehemaligen Erzbistums Bremervörde, das seit dem Ende des 30-jährigen Krieges erst zu Schweden und dann zu Kurhannover gehörte und jetzt "Herzogtum Bremen" hieß.
Von den ursprünglich 15 Grenzsteinen sind heute nur noch wenige erhalten und befinden sich nicht mehr am Ursprungsort. Da die Grenzen im 19. Jahrhundert erneut verschoben wurden, verloren die Steinobelisken ihre Bedeutung und wurden zum Teil von Landwirten zur attraktiveren Gestaltung ihrer Hofeinfahrten verwendet. Im Video wird mit Hilfe von Luftaufnahmen auf die aktuellen Standorte dieser Steine hingewiesen.
Das letzte Drittel des Filmes widmet sich der Nachbildung des Grenzsteines Nr. 9 durch die Bildhauerwerkstatt, der Beratung im Bildungsausschuss des Gröpelinger Stadtteilbeirates und der Aufstellung des Steins am Schwarzen Weg.
Aufmerksame Zuschauer werden am Anfang und Ende des Filmes einen alten Bekannten wieder entdecken. Es handelt sich hierbei um die Trickfilmfigur "Ingo Gröpel" des Cartoonisten Michael Schuster, die schon vor 5 Jahren im Video der Bürgerinitiative B.I.S. auftrat und im aktuellen Film der Geschichtswerkstatt eine neue Aufgabe bekommen hat.
(Der obenstehende Text zum Film wurde in den Stadtteilausgaben-West des Weser-Kuriers und der Bremer Nachrichten am 13.12.2010, im Bremer Anzeiger am 08.12.2010, im Bremer Westen am 26.05.2011 und auf der Vegesacker Website http://www.vip-bremen-nord.de/Veranstaltungen/groepelinger-grenzstein.html ) veröffentlicht.)
Oktober 2018: Der Gröpelinger Grenzstein wurde angefahren und geriet in Schieflage.
Die gut zwei Meter hohe Nachbildung des Grenzsteines wurde von einem LKW angefahren und drohte umzufallen.
Deshalb stellte die Geschichtswerkstatt einen Bürgerantrag an den Gröpelinger Beirat. Dabei machte die Geschichtswerkstatt darauf aufmerksam das der Grenzstein infolge eines Unfalls bereits eine Neigung von ca. 15 Prozent hat. Dies Problem wurde in der zurückliegenden Sitzung des Fachausschusses „Bauen und Verkehr“ auch schon behandelt. Die Geschichtswerkstatt Gröpelingen e.V. beantragte, dass der Beirat beschließt, dass dort zeitnah Abhilfe geschaffen und die Gedenkanlage repariert wird.
Der Vorstand der Geschichtswerkstatt konnte dann von der Beiratssitzung eine positive Nachricht an die Mitglieder des Vereins Geschichtswerkstatt Gröpelingen mitnehmen: Der alte Grenzstein wird definitiv wieder aufgerichtet werden. Sollte es nicht gelingen, die Sache über die Unternehmenshaftpflicht des verursachenden Lkw-Fahrers zu regeln, so wäre der Gröpelinger Beirat notfalls auch bereit, die Reparatur aus dem Globalmitteltopf zu finanzieren.
Mittlerweile ist der Grenzstein wieder in einer ordentlichen Verfassung.