Der Lindenhof - Ein großer Landschaftspark mitten in Gröpelingen

Geschichtswerkstatt unternimmt einen Ausflug in das alte Dorf von 1890

 

Pressemitteilung vom 17.09.2014

(veröffentlicht im Geschichtsportal Bremen-History.com am 23.09.2014)

„50 Ausflüge in die nähere Umgebung Bremens“ so heißt ein seit Jahrzehnten vergriffenes Büchlein des Vegesacker Lehrers und Heimatforschers Lüder Halenbeck (1841-1895). Darin beschreibt er u. a. ein Gröpelingen ohne Hafenanlagen und ohne die Großwerft AG-Weser. Auf ihren letzten Sitzungen versuchten die Gröpelinger Hobbyhistoriker, das Kaum-Vorstellbare mit Hilfe alter Karten und Abbildungen wieder zum Leben zu erwecken.

Der Eingang zum Dorf Gröpelingen um 1890 Der Eingang zum Dorf Gröpelingen um 1890

In Halenbecks Schilderung einer Reise „Von Bremen bis Burg“ entlang der 1824 fertiggestellten Heerstraße, damals noch „Chaussee“ genannt, macht er beim Kilometerstand 5,890 einen Abstecher in das Dorf Gröpelingen. So heißt es auf Seite 23: „Steinstraße links, von Lindenbäumen besäumt (0,400 km; 13 Voll- und 16 Halbbauern)“.

Das nebenstehende Ölgemälde eines unbekannten Malers zeigt diese Stelle. Dort, wo seit 1893 das Wirtshaus Breuer  Reisende zur Rast einlud, steht heute das Lindenhof-Center.

 

Halenbeck schreitet die gesamte gepflasterte Straße, die heutige Lindenhofstraße, und den Feldweg

Gartenlokal Ferd. Meyer, Witwe Gartenlokal Ferd. Meyer, Witwe

(hintere Liegnitzstr.) entlang und schildert, was es links und rechts für ihn Bemerkenswertes zu sehen gibt. „Bei 0,180 km links die Kinderbewahranstalt Johannisstift von Pastor Dietr. Koch; 0,400 km links Landgut Lindenhof von Eduard Meyer; 0,600 km links Wirtschaft u. Garten von Ferd. Meyer Witwe; 0,620 km rechts Fußpfad nach der Kirche; 0,720 km Fußpfad zur Fähre nach Lankenau.“

 

Im Dorf Gröpelingen gab es vor der Eingemeindung in das Stadtgebiet Bremens neben der gepflasterten Dorfstraße nur sandige Feldwege und noch keine Straßennamen. Vor 1902 waren deshalb die einzelnen Grundstücke durchgehend nummeriert. So hatte z. B. die Kirche die Nr. 123 und das Meyer’sche Landgut

die Nr. 147. In dem oberen Ausschnitt aus einer Karte des Deutschen Hydrographischen Instituts fällt wegen seiner Größe als erstes dieses zirka 6 Hektar große Landgut auf, das schon der Vorbesitzer, der Tabakkaufmann Eberhard Tölken, 1888 mit Hilfe des berühmten Gartenbauarchitekten Wilhelm Benque zu einem Landschaftspark mit Herrenhaus gestalten ließ. Benque schuf u. a. den Bürgerpark und den Waller Friedhof. Tölkens Freund, der Baumwollkaufmann (Philipp) Eduard Meyer übernahm das Gut 1890, nannte es Lindenhof und wohnte dort bis zu seinem Tode im Jahr 1900. Das Gröpelinger Landgut bezog dann die Mutter Eduards, die vorher auf einem Landsitz in Oslebshausen lebte. Die Witwe (Philipp) Eduards zog es vor, nach dem Tod Ihres Ehemannes eine Neubauvilla in der Parkallee in Bremen zu beziehen. Als ihre Schwiegermutter 1905 starb, wurde der Lindenhof mit den Ausmaßen des heutigen Waller Parks an sog. Bauspeculanten verkauft, die auf dem Gelände in den Jahren 1906 bis 1910 eine Vielzahl von Straßen mit Wohnhäusern für Arbeiter entstehen ließen, die in der neu entstandenen Großwerft AG-Weser und in den Hafenanlagen Beschäftigung gefunden hatten. Die Straßen, die damals entstanden, waren der Liegnitzplatz, die vordere Liegnitzstraße, die Leuthener, die Hirschberger, die Görlitzer, die Glogauer, die Bautzener, die Schweidnitzer und die Dennewitz (heute Johann-Kühn)-Straße.

 

Der langjährige Gröpelinger Pastor Elard Ordemann (1866-1945) konnte als Zeitzeuge die rasche Umwandlung seiner ländlich geprägten Gemeinde zum Industriestandort und Arbeiterquartier Jahr für Jahr beobachten. Er drückte in seiner Schrift „Bilder aus Gröpelingens Vergangenheit“ die Hoffnung aus, dass „wenigstens die ehemaligen Landgüter“ der Kaufleute „als Staatseigentum für ewige Zeiten öffentliche Parks bleiben mögen.“ Was den Oslebshauser Park (Landgut Korff) und den Waller Park (Landgut Achelis) anging, sah er sich in seiner Hoffnung bestätigt, nicht aber bei der möglichen Umwidmung des Landgutes vor seiner Haustür zu einem Gröpelinger Park.