Einer der bewegendsten Momente in Hans Koschnicks Leben spielt sich 1983 kurz vor den Bremer Bürgerschaftswahlen auf der Belegschaftsversammlung der besetzten AG Weser in Gröpelingen ab.
Photo: © Focke-Museum. September 1983.
Die Stimmung der dreistündigen Versammlung ist aufgeheizt. Aufgebrachte und enttäuschte Arbeiter der "Use Akschen" werfen dem amtierenden Bürgermeister angesichts der Werftenkrise Tatenlosigkeit vor und beschimpfen ihn als "Arbeiterverräter" und "Werftenkiller". Nach monatelangem Gerangel um das Schicksal der Werft zerrinnt ihnen die Hoffnung auf eine Zukunft der AG Weser zwischen den Fingern. Koschnick weiß, dass hier auch über seine entschieden wird. Trotzdem spricht er mit offenen Worten: "Die Akschen geht vor die Hunde, weil sich die Eigentümer nicht verständigt haben. Ich habe keinen Weg und ich sehe keinen Weg. Wenn die Banken nicht mitspielen, wenn Europa nicht mitspielt, werden wir allein gelassen. Das Rathaus kann keine Schiffe bauen." Am Ende der Versammlung knallt der Betriebsratsvorsitzende der AG Weser, Hans Ziegenfuß, ihm sein SPD-Parteibuch auf den Tisch.
Zwei Tage später geht Hans Koschnick überraschenderweise als unbestrittener Sieger aus den Wahlen hervor. Bei aller Wut und Enttäuschung rechnen ihm die Menschen hoch an, dass er sie nicht aus taktischer Feigheit belügt. Sein Leben lang wird er sich an die stürmischen Tage im Herbst des Werftenuntergangs erinnern. Nicht nur, weil es ihm trotz aller Anstrengungen nicht gelungen ist, für ein Weiterbestehen der Werft zu sorgen, sondern auch, weil er wie der Großteil der Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Stadtteil selbst stammt. "Mit denen bin ich groß geworden", sagt er. „Mit den Facharbeitern der Werft, den Hafenarbeitern, den Arbeitern der Getreideverkehrsanlage.“ Er ist ein Gröpelinger wie sie, ein waschechter "Gröpelinger Jung´".